Christian Eloundou - Das Interview
Christian,
Du sagst: „Ich habe einen Traum und der lautet: Ich möchte ein Haus für die
Kinder bauen, die das Leben führen müssen, aus dem ich entflohen bin.“
Christian Eloundou: Ja, das ist mein ganz
großer Herzenswunsch, etwas zurück zu geben und alles mit meinen Möglichkeiten
zu tun, um den ärmsten Kindern und Jugendlichen in Mbouda zu helfen. Mbouda ist
eine Kleinstadt im Westen Kameruns.
Wie
soll die Hilfe aussehen?
Christian:
Wir haben gerade den Verein „Haus der Sonne“ gegründet. Ich
bin Vorsitzender dieser noch kleinen, aber engagierten Gemeinschaft. Wir
planen nach der Anerkennung der Gemeinnützigkeit verschiedene Aktivitäten. Die
Mehrheit der Menschen in Mbouda lebt in großer Armut. Mehr
als die Hälfte der Kinder und Jugendlichen hat keine Schulbildung, hungert
und muss auf sauberes Wasser wie eine ausreichende medizinische Versorgung verzichten. Beginnen wollen wir mit einer
Tafel für Waisen- und Straßenkinder mit einer warmen Mahlzeit am Tag,
Schulaufgaben, medizinischer Versorgung. Dann
können, ja sollen weitere Projekt folgen.
Alle Achtung, wie soll das alles
realisiert werden?
Christian: Wir wollen unsere
Aktivitäten über Spenden, Patenschaften und
Mitgliedsbeiträge finanzieren. Jeder kleine Schritt, jeder noch so kleine
Geldbetrag bringt uns zu mehr Menschlichkeit und einem menschenwürdigen Leben. Denkbar
ist, dass wir in Mbouda ein bestehendes Haus so einrichten, dass wir den Kindern
konkret vermitteln können: Wir sind für Euch da. Vor Ort kenne ich genügend Menschen,
die mit anpacken wollen. Und, das ist sehr wichtig: Wir achten sehr darauf, dass die
Spenden da ankommen, wo sie so dringend benötigt werden. Das ist für uns eine große
Verpflichtung.
In Kamerun ist die Korruption wie in
vielen anderen Ländern sehr ausgeprägt...
Christian: Ja, leider. Aber wir lassen uns nicht beirren und wollen
nachhaltig helfen.
Viele
junge Afrikaner fliehen aus ihrer Heimat, weil sie für sich keine Perspektive
sehen. Wie siehst Du da die Aufgabe des neuen Vereins?
Christian: Gerade die Armut treibt viele Jugendliche und junge
Erwachsene in
die Großstädte. Dort erleben sie aber, dass es auch da keine bessere Zukunft
gibt. Also machen sie sich auf den gefährlichen Weg nach Europa. Und hoffen,
hier ein besseres Leben zu finden.
Viele zahlen den höchsten Preis überhaupt – sie verlieren ihr Leben im
Mittelmeer. Unsere Möglichkeiten als Verein sind erst einmal begrenzt. Aber wir zeigen sehr deutlich, dass uns die
jungen Menschen nicht gleichgültig sind. Ernährung, Bildung und Begleitung sind
Zeichen der Solidarität und machen Mut für ein besseres Leben vor Ort.
Mit Deinen 43 Jahren hast Du bereits ein
bewegtes Leben gelebt.
Christian: Das kann man so sagen. Ich bin auf den staubigen Straßen
von Mbouda auf dem Rücksitz eines Autos geboren. Mit 12 Jahren
verlor ich einen großen Teil meiner Familie bei einer Naturkatastrophe und wurde zum
Waisen-und Straßenkind. Ich lernte Hunger, Elend und Ausbeutung kennen – bis mich
ein katholischer Priester aufgabelte und mir alles bis hin zum Schulbesuch
ermöglichte.
Da
warst Du wieder voller Leben und Zuversicht – oder?
Christian: Ja, nach meinem Schulabschluss studierte ich, wurde aber
Drucker, erfolgreicher Unternehmer und
Nationaltrainer der kamerunischen Taekwondo-Mannschaft. Und ich war glücklich mit
meiner jungen Familie. Doch
dann gab es eine jähe Wende. Auf Grund meiner
politischen Aktivitäten und Engagement für Menschenrechte, wurde ich
deshalb mehrere Male festgenommen und schwer gefoltert. Schließlich gelang mir
die Flucht und unter schwersten Bedingungen nach Europa, wo ich am untersten Rand der
Gesellschaft neu begann.
Du bist längst in Kempen angekommen und
hast ein Buch geschrieben über „Dein Leben“ – die unvergessliche Zeit der
Kindheit, über die Großmutter, die Dich so liebte,
aber auch über die Qualen, die Entbehrungen in Kamerun und den
hoffnungsvollen Neubeginn.
Christian: Dank vielfacher Hilfe und der Unterstützung besonderer
Menschen in dieser Gesellschaft habe ich es geschafft,
hier Fuß zu fassen. Ich habe viele Freunde gefunden und fühle mich angekommen und in
Kempen mit meiner Familie zu Hause. Seit 13 Jahren arbeite ich wieder als
Drucker.
Langeweile kennst Du nicht....
Christian: Nein, in meiner Freizeit
bin ich als Cheftrainer der Taekwondo-Abteilung bei der Vereinigten Turnerschaft
1859 Kempen e.V. tätig und im Kempener Boxclub bin ich sowohl Trainer als auch
Integrationsbeauftragter und Jugendwart. Das alles ist neben meiner Familie und
meiner Arbeit eine große
Herausforderung. Ich begegne vielen Menschen und versuche
auch hier in Deutschland etwas von dem Guten, dass mir wiederfahren ist,
zurück zu geben.
Und da ist ja auch noch das Haus der
Sonne.
Christian: Ja, ich alleine kann ich es nicht schaffen. Das wird
meine und unsere ganze Kraft brauchen. Ich hoffe sehr, dass es uns
gelingt, möglichst viele Menschen zu ermutigen, den ärmsten Kindern
und Jugendlichen in Kamerun zu helfen. Lasst uns diesen Traum verwirklichen...